Joy

Als uns immer mehr klar wurde das wir in den nächsten Jahren mehr Zeit mit Reisen verbringen wollen stellte sich uns die Frage mit welcher Art von Fahrzeug wir dies machen sollten.

Zur Diskussion stand auch kurz die Möglichkeit mit dem Motorrad Fernreisen zu unternehmen da wir bereits sehr schöne Touren mit dem Motorrad unternommen hatten. Jedoch wurde diese Idee aufgrund zu vieler Kompromisse mit eingeschränktem Gepäck, der Wetterabhängigkeit und Gefahren auf der Straße nicht weiterverfolgt.

Zu Beginn unser Planung drehten wir uns eine ganze Zeit im Kreis bis wir einige Eckpunkte der zu erwartenden Reiserouten sowie zum Fahrzeugs festlegten.

Reiserouten:

An erster Stelle steht die Pan Americana, dann die Seidenstraße und wenn möglich auch noch das südliche Afrika. Jedoch hat Corona alles verändert und bis es nach Amerika geht gilt es Europa zu entdecken. Wenn Reisen wieder frei möglich ist kann sich diese Reihenfolge auch noch ändern. Sicherlich fahren wir bei unseren Reisen dabei überwiegend auf asphaltierter oder fester Straße, aber wenn wir wollen oder es erforderlich ist auch abseits dieser Straßen.

Technische Fahrzeug Anforderung:

Eine robuste Fahrzeugtechnik mit möglichst weltweiter Ersatzteilverfügbarkeit, 4*4 Antrieb mit mindestens einem Hinterachs- Sperrdifferenzial besser aber auch ein Sperrdifferenzial noch vorne, Automatikgetriebe um komfortabler Reisen zu können. Bevorzugt ist ein Benzinmotor aufgrund der Dieselpartikelfilter Problematik. Auch sollte genügend Leistungsreserve für schwierigere Fahrbedingen vorhanden sein. Der Unterboden sollte an wichtigen Bauteilen geschützt sein. Eine Bodenfreiheit von min. 25 cm sowie eine Wattiefe von mindestens 50cm sollte vorhanden sein.

Reisemobil Anforderung:

Man sollte im Fahrzeuginnenraum bequem schlafen können. Eine Koch- und Waschgelegenheit mit Stehhöhe haben. Eine Sitzgruppe, sowie etwas Stauplatz sollte vorhanden sein. Ein WC (mindestens Porta Potti), eine Kühlbox, eine Heizung sowie eine gut dimensionierte Solaranlage für mehrtägiges autarkes Campen. Der Kocher und die Heizung sollen Gasfrei funktionieren.

Was kam dabei heraus:

Nach längeren Überlegungen schieden die großen Fahrzeuge wie Unimog und Fahrzeuge auf LKW Basis aus, da die uns viel zu groß und unhandlich sind. Auf unseren Reisen möchten wir unbedingt auch in die Städte / Ortschaften fahren und da wissen wir von unseren Motorrad Touren wie eng diese im Ausland sein können. Auch wollen wir auf kleinen und steilen Bergstrecken nicht dem Herzinfarkt nahe sein, wenn es Straßenbedingt oder wegen Gegenverkehr eng wird. Des Weiteren wollen wir nicht mit teuren Fahrzeugen in armen Regionen dieser Welt zu stark auffallen. All diese Anforderungen und Einschränkungen reduzierte die Auswahl auf erst einmal wenige Fahrzeuge.    

Es sollte ein neues bis wenig gebrauchtes Fahrzeug sein. Wir wollten kein älteres Fahrzeug mit unbekannter Abnutzungsherkunft. In die engere Wahl kamen dabei der Mercedes Sprinter 4*4, Mercedes Vito 4*4, VW T5/T6 4Motion, Landrover Defender und sogar ein 5 türiger Mitsubishi Pajero. Irgendwann kam dann auch noch die Pickup Fahrzeug Kategorie dazu

Der Sprinter Kastenwagen schied leider aus, weil er als 4*4 in neuwertigen Zustand als Ausbaubasis in unserer Wunschausstattung (Automatik, HA Sperrdifferenzial, etc.) neuwertig gebraucht kaum verfügbar und wenn verfügbar im Vergleich zum Sprinter ohne 4*4 viel zu teuer ist. Zudem müsste noch einiges an Geld für ein höheres Fahrwerk mit anderer Bereifung und Unterbodenschutz in die Hand genommen werden. Dann kommt man aber auch nicht mehr mit dem max. Gesamtgewicht von 3.5t klar.

Beim VW T5/ 6 verhält es sich sehr ähnlich. Ihn gibt es zwar öfters mit HA Sperrdifferenzial aber beim T6 kommt noch hinzu, dass durch eine Fahrwerk Höherlegung, welche auch nur moderat machbar ist, die Antriebswellen stark belastet werden und somit frühzeitig verschleißen können.

Für den Mercedes Vito 4*4 Kastenwagen gibt es offensichtlich kein HA Sperrdifferenzial. Er wäre preislich und vom verfügbaren Innenraumangebot aber interessant gewesen, ist aber nach einem Fahrwerk-, Reifen, etc. Umbau immer noch, nur für leichten Offroad Einsatz gut.

Irgendwann sind wir dann auf Pickups mit Auf- / Absetzkabinen gestoßen und haben uns intensiver mit diesem Konzept beschäftigt. Der Pickup als Plattformfahrzeug erfüllte viele unserer Fahrzeugwünsche. Ihn gab es von mehreren Fahrzeugherstellern mit 4*4 und Sperrdifferenzial an der Hinterachse, sowie zuschaltbarem Untersetzungsgetriebe wie bei echten Geländewagen. Es gab verschiedene Pickups mit Automatikgetriebe, genügend Motorleistung, guter Bodenfreiheit und ausreichender Watttiefe.  

Schnell erkannten wir nicht nur die vielen Vorteile von Pickups mit Auf- / Absetzkabine sondern auch die Nachteile dieser Fahrzeug Kategorie. Viele Kabinen zum Auf und Absetzen beinhalten zwar tolle Innenräume mit allem was man sich wünscht aber dadurch kommen die Pickups schnell auch an ihre Belastungsgrenzen. Der Schwerpunkt mancher Kabine ist aufgrund ihrer Stehhöhe und noch zusätzlich beladenem Dach zu hoch. Bedingt durch eine größere Kabinenlänge wandert viel Gewicht weit hinter die Hinterachse, was das Fahrwerk und den Rahmen besonders auf schlechten Strecken stark belastet (überlastet). Zudem ist man oft schon mit moderater Beladung schnell am zulässigen Gesamtgewicht angelangt.

Daher war eine Standard Absetzkabine auch nicht die Lösung für uns.

Allerdings lernten wir, das es auch sogenannte Pickup Expeditionskabinen gibt, die von vorne herein schone einen anderen Ansatz verfolgen. Es gibt entsprechende Konstruktionen, die zum einen äußerst stabil aus Aluminium oder auch Kunststoff gebaut sind und gleichzeitig noch leicht sind. Die durch eine niedrige Kabinenhöhe versuchen den Schwerpunkt tief zu halten und auch versuchen den Hecküberstand kurzhalten.  Wobei dies aber alles zu lasten des Komforts geht.

Dies war aber für uns der richtige Ansatz. Wir können somit auf einen in großer Stückzahl weltweit gebauten 4*4 Pickup mit HA Sperrdifferenzial, zuschaltbarem Untersetzungsgetriebe, Automatikgetriebe, überschaubarer Technik, genügend Motorleistung, guter Bodenfreiheit und guter Watttiefe zurückgreifen. Darauf können wir eine auf unsere Wünsche angepasste stabile aber trotzdem leichte jedoch kleine Wohnkabine setzen lassen. Mit einem Aufstelldach bleibt der Schwerpunkt insgesamt halbwegs niedrig und durch das fest mit dem verschrauben auf der Ladefläche wohl auch noch Pistentauglich.

Herausgekommen ist am Ende dann ein Ford Ranger, 1.5 Extrakabine, mit 3.2 Liter Diesel und 200PS, einem zuschaltbaren Untersetzungsgetriebe, Automatikgetriebe, Offroad Paket mit HA Differenzialsperre und teilweisem Unterfahrschutz, ca. 25 – 30 cm (Achsen / Fahrzeugmitte) Bodenfreiheit sowie 80cm Wattiefe.

Der Ford Ranger wird in unserer Ausführung in Südafrika, Australien und Asien (Thailand) gebaut und verkauft. Die Fahrzeuge für Europa werden in Südafrika gebaut. Somit könnten Ersatzteile sicherlich in vielen Ländern verfügbar sein. Leider wird uns der Euro 6 Diesel Motor des Rangers mit seinem Dieselpartikelfilter und der dafür geforderter hohen Dieselqualität in der Auswahl einiger Länder einschränken oder je nach getanktem Diesel auch an technische Grenzen bringen. Allerdings ist die Welt stark im Wandel und immer mehr Länder stellen Diesel mit niedrigerem Schwefelanteil an Tankstellen zur Verfügung. Diese Tatsache müssen wir aber bei der Wahl unserer Reiseländer unbedingt beachten.

Wir haben uns dann für die Ortec Offroadtechnik Minicab entschieden. Unsere leere Wohnkabine wurde aus Aluminium nach meiner Zeichnung gefertigt. Wobei sich das Konzept an das bewährte Ortec Baukastensystem anlehnt. Beim Bau der Kabine wurden bereits die gewünschten Fenster eingebaut sowie die von mir geplanten Solarpanels auf dem Klappdach montiert.

JOY:

Unser Fahrzeug trägt den Namen JOY, welcher von Xiangyang gewählt wurde. JOY soll uns überall dorthin bringen wo es für uns Neues zu entdecken gibt und Joy soll gleichzeitig auch unser Motto auf diesen Reisen in ferne Länder sein.

Unser Ranger wurde im Südafrikanischem Ford Werk Silverton, Pretoria gebaut und „JOY“ steht seit dem 13.11.2018 auf eigenen (Reifen) Füßen 🙂 Unser Ranger hat das Werk wohl am 17.11.2018 Richtung Deutschland verlassen. Im Juni 2019 wurde Joy mit seiner Kabine in Steyrberg bei der Firma Ortec verheiratet. Seitdem sind die beiden ein Herz und eine Seele 🙂